Gesundheit

Pars Pralinen
Zu Besuch in Kristiane Kegelmanns Pralinen-Manufaktur

Text Yannah Alfering
Oktober 2021

“The Window of Modern Art” steht in großen Buchstaben auf dem Schaufenster des kleinen Ladens in der Schönleinstraße 6 in Berlin, hinter dem sich Kristiane Kegelmanns Pralinenmanufaktur “Pars” verbirgt. Dort verkauft die gelernte Konditormeisterin wilde Pralinen-Kreationen – rote Bete, schwarzer Knoblauch, Birne-Sesam –, die so schön aussehen, dass man fast ein schlechtes Gewissen bekommt, wenn man sie sich in den Mund steckt. Und das kommt nicht von ungefähr: 2015 zog die heute 30-Jährige nach Berlin, um sich hier der Kunst zu widmen. Da ihr Schokolade als Material bereits vertraut war, entschied sich Kegelmann dazu, mit ihr kleine Skulpturen zu bauen, die statt “cremig” und “lecker” Assoziationen wie “metallisch” und “geradlinig” hervorrufen. “Ich wollte, dass sich die Leute auf eine Überraschung einlassen”, erklärt sie. Obwohl es nicht ihr Ziel gewesen sei, mit den Pralinen Geld zu verdienen, meldeten sich nach einigen Artikeln 2016 die ersten Firmen bei Kegelmann, um ihre Objekte aus Schokolade für Events zu kaufen. “Ich war damals eine junge Künstlerin, und obwohl ich mich in meiner Kunst bereits weiterentwickelt hatte, waren die Pralinen eine gute Gelegenheit, um nebenbei etwas Geld zu verdienen”, sagt sie.

Fünf Jahre später vertreibt Kristiane Kegelmann ihre Produkte unter dem Namen “Pars” nicht nur an große Firmen, sondern hat auch ihren ersten kleinen Laden in Berlin und einen Onlineshop eröffnet. Besonderen Wert legt sie dabei auf Nachhaltigkeit, faire Arbeitsbedingungen und regionale Produkte – so gut es eben geht, wenn die Hauptzutat Kakaobohnen sind. Ihre Kuvertüre bezieht sie von dem Berliner Hersteller Holger in't Feld, der die Bohnen von kleinen Landschwirtschaften – unteranderem in Peru, Honduras und Madagaskar – bezieht. “Es ist unglaublich, was Holger aus den Bohnen rausholt”, schwärmt Kristiane Kegelmann. Bei industriell gefertigter Schokolade würden die Frucht und die Säure meistens durch den Zusatz von viel Zucker und auch bewusst durch Oxidation verloren gehen. “Fast jeder liebt Schokolade, aber die wenigsten kennen Kakao wirklich. Wenn wir fünf Kuvertüren beziehen, schmecken alle anders. Das ist total spannend.” Man schmecke, wo die Bohnen angebaut wurden, was in derselben Erde wächst und wie sie fermentiert wurden. Aber Qualität hat ihren Preis. Ein Kilo Kuvertüre kostet die Konditormeisterin 31 Euro. Zum Vergleich: Eine hochwertige Gastro-Schokolade kostet acht Euro. Das spiegelt sich natürlich auch im Verkaufspreis wieder – das müsse man den Leuten erklären. “Wenn jemand sagt, er ist nicht bereit, unsere Preise zu zahlen, ist das in Ordnung für mich”, sagt die 30-Jährige. “Aber bis die Zutaten bei uns ankommen, passiert eben wahnsinnig viel. Und wir veredeln diese Produkte am Schluss nochmal.”

Milchprodukte, Gemüse, Früchte und Blüten bezieht “Pars” meistens aus der Region. Es sei denn, Kristiane Kegelmanns Schwiegereltern bringen persische Limonen aus dem Iran mit. Erst neulich habe sie außerdem Pralinen für eine Berliner Sake Bar entworfen, für die sie mit japanischen Gewürzen experimentierte. Vertrauen statt Dogmatismus. “Wenn ich einen italienischen Bauern kennenlerne, der ganz fantastische Zitrusfrüchte anbaut, würde ich die auch verwenden. Aber anonym einkaufen ist wieder eine andere Sache”, sagt Kegelmann. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Bauern habe sie viel über ihre Zutaten gelernt und genug Inspiration bekommen, um auch auf den ersten Blick ungewöhnliche Kombinationen zu probieren. Eine davon ist “schwarzer Knoblauch”. “Wenn der Knoblauch gereift wurde, geht der zwiebelige Geschmack weg und seine leichte Süße wird entfaltet”, erklärt sie, während sie eine Praline mit einem Skalpell-Messer in drei Teile schneidet, zwei davon zum Probieren rüberschiebt und einen selbst in den Mund steckt.

Seit kurzem bietet Kristiane Kegelmann auch kleine Tastings an, bei denen sich Interessierte genauer mit einer Pralinen-Sorte auseinandersetzen können, während sie in entspannter Atmosphäre ein Glas Kombucha oder Naturwein schlürfen. Ihr nächster Schritt sei es, einen größeren Laden zu finden, um ihrer Leidenschaft für die Gastronomie weiter nachzugehen, erklärt Kristiane Kegelmann. Und die Kunst? “Die läuft nicht weg”, sagt sie. “Alles im Leben hat seine Zeit.”

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